Auswirkungen der Corona-Krise 2 – Reise- und Hotelbranche/Gastronomie im Fokus

1 Lockerungen in der Tourismusbranche

Die Corona-Krise hat noch immer weitreichende Auswirkungen auf viele Branchen. Nachdem die meisten Restriktionen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gelockert wurden, bestehen dennoch für viele Branchen große Einschränkungen. So gibt es nach wie vor Reisebeschränkungen in vielen Ländern, die eine Rückreise aus dem jeweiligen Land nach Deutschland verhindern oder stark verzögern. Aus diesem Grund rät das Auswärtige Amt noch bis zum 14. Juni 2020 von nicht unbedingt notwendigen touristischen Reisen ab.1

Zudem werden noch immer Kontrollen an den EU-Binnengrenzen durchgeführt. Zwar entschied Innenminister Horst Seehofer, dass ab dem 16.05.2020 die Grenzkontrollen stufenweise gelockert werden sollen, mahnte jedoch gleichzeitig, dass die Bürger weiterhin auf nicht unbedingt notwendige Reisen verzichten sollten. Sollten die Corona-Fallzahlen weiterhin niedrig bleiben, werde man die Grenzkontrollen bis zum 15.06.2020 aufheben.2

Trotz dieser Gegebenheiten kündigten einige Fluggesellschaften bereits die Wiederaufnahme einiger Flugrouten an, wenn auch nicht gleich des gesamten Flugbetriebs. So kündigte beispielsweise Ryanair unter der Voraussetzung der Lockerung der Restriktionen an, ab dem 1. Juli 2020 40% des Flugbetriebs wieder aufzunehmen. Etwa 1000 Flüge sollen dann täglich von den meisten ihrer Standorte in Europa aus starten können, nachdem der Flugbetrieb bisher auf 30 Flüge zwischen Irland, Großbritannien und der EU beschränkt war.3

Lufthansa, SWISS und Eurowings kündigten einen erweiterten Flugbetrieb bereits für Juni an und werden insgesamt 106 Ziele in Deutschland und Europa anfliegen, darunter auch Urlaubsorte wie Mallorca, sowie 20 Langstreckenziele. Bis Ende Juni soll das Angebot auf wöchentlich 1800 Flüge erhöht werden.4 Dafür sollte die Flugflotte von momentan 80 auf 160 Passagierjets verdoppelt werden. 5

Auch Tui bereite sich derzeit auf die Wiederaufnahme des touristischen Betriebes vor. Im Interview ging der CEO Fritz Joussen davon aus, dass Flug-, Hotel- und Kreuzfahrtbetrieb zwar weiterhin eingeschränkt bleiben werde -neben Hygienemaßnahmen, Zimmerkontingentsenkungen und reduziertem oder verändertem Sport- und Freizeitangebot, sollen bei Kreuzfahrten auch mehr Tage auf See statt an Land verbracht werden – könne aber wieder aufgenommen werden, sobald die EU Restriktionen gelockert werden.6 Den binnentouristischen Betrieb plane Tui ab dem 25.05.2020 wieder aufzunehmen.7

2 Aussichten für die Tourismusbranche

Die Bundesländer lassen jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten, meist aber ab Mitte bis Ende Mai die Beherbergung in Hotels und Unterkünften auch wieder für touristische Aufenthalte zu, solange Auflagen wie Abstandsregelungen und Hygienemaßnahmen erfüllt und kontrolliert werden. Schlafsäle, Schwimmbäder, Sportbereiche und Saunas müssen zumeist geschlossen bleiben. In den meisten Bundesländern gelten die Restriktionen voraussichtlich bis spätestens Mitte Juni, die Einschränkungen in Niedersachsen sollen jedoch bis Ende August in Kraft bleiben.8

Das Bundes-Kompentenzzentrum Tourismus veröffentlichte Ende April Prognosen zu optimistischen, realistischen, sowie pessimistischen Szenarien der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung der Tourismusbranche. Die Entwicklungen in den einzelnen Szenarien beziehen sich dabei stark auf die vermutete Dauer der Reiserestriktionen.

Bis zum Eintritt von Lockerungen könne der Tourismus demnach weiterhin nur geringe Umsätze verzeichnen, danach könnten die Umsätze jedoch schnell wieder steigen. Möglicherweise könnte die Phase der Lockerungen im Binnentourismus im August 2020 beendet sein, so dass mit der Aufhebung weiterer Reisebeschränkungen zu rechnen wäre. Während der Binnentourismus sich bis Ostern 2021 bereits wieder normalisiert haben könnte, geht die Analyse aktuell davon aus, dass bis zum selben Zeitraum auf globaler Ebene erst eine Entspannung der Situation zu erwarten sei.

Auswirkungen möglicherweise bis 2021

In Zahlen ausgedrückt gehen die Szenarien davon aus, dass im besten Falle im Binnentourismus bis Mitte Juni bereits wieder 60% des gebuchten Umsatzes desselben Zeitraums des Vorjahres verzeichnet werden könnten. Im schlechtesten Fall ziehe die Phase der Lockerung sich noch bis Ende des Jahres und bedeute einen gebuchten Umsatz von nur 30%. Eine Belebung des Tourismus könnte im besten Fall von Mitte Juni bis Ende September eintreten und einen gebuchten Umsatz von 80% bedeuten. Zur Normalität kehre die Branche demnach zwischen Oktober und Dezember dieses Jahres zurück. Sollte die Phase der Lockerungen sich jedoch tatsächlich bis Ende Dezember hinziehen, könnte die Branche eine Belebung erst im gesamten Jahr 2021 erfahren und etwa 50% gebuchte Umsätze verzeichnen. Zur Normalität kehre die Branche dann erst zwischen Januar 2022 und Oktober 2023 zurück.

Der internationale Tourismus könnte während der Phase der Lockerungen zwischen 20% und 40% gebuchten Umsatz verzeichnen, zwischen Oktober 2020 und Juli 2022 mit zwischen 30% und 70% gebuchten Umsatzes eine Belebung erfahren und dann je nach Szenario entweder zwischen Januar und September 2021 oder bis Oktober 2024 zur Normalität zurückfinden.9

Die tatsächliche Entwicklung in der Tourismusbranche hängt jedoch vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Prof. Jürgen Schmude, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft merkt an, dass der Tourismus auch zu einer erneuten Ansteckungswelle führen und somit erneute Restriktionen bewirken könnte. Denn während in Hotels und Restaurants oder sogar an Stränden für Abstandseinhaltung gesorgt werden könnte, sei der Tagestourismus und somit größere Menschenansammlungen an touristischen Orten nicht zu kontrollieren. Eine weitere Gefahr für die Tourismusbranche bestehe seiner Ansicht nach auch im möglicherweise auftretenden Konkurrenzkampf. Sollte es zu einer Preisschlacht kommen, um Touristen anzulocken, könne dies ebenso verheerend für die Branche sein, wie der eigentliche Lockdown.10

Für die Hotel- und Gatsronomiebranche scheinen die Lockerungen überlebenswichtig. Ende April sprach der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband) Guido Zöllick von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit im April im deutschen Gastgewerbe von 208,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, von mehr als einer Million Beschäftigter in Kurzarbeit und davon, dass die bisherigen Liquiditätshilfen nicht reichten, nicht gewährt wurden oder die Erstattung des Kurzarbeitergeldes für März für die meisten Betriebe noch nicht erfolgt sei.11

Am 06. Mai äußerte sich der DEHOGA Bundesverband daher positiv zu den Lockerungen: „Wir begrüßen, dass es endlich konkrete Öffnungsperspektiven für das Gastgewerbe in den einzelnen Bundesländern gibt. […] Die meisten Betriebe befinden sich in der achten Woche der Schließung bei Null-Umsätzen und weiterlaufenden hohen Fixkosten. […] Es ist deshalb richtig und gut, dass die Ministerpräsidenten in einer Balance zwischen Verantwortung für die Gesundheit der Menschen in diesem Land, aber auch in der Verantwortung für die Wirtschaft jetzt handeln.“, sagte Zöllick. Jedoch fordere die Branche auch weiterhin staatliche Unterstützung gegen die Auswirkungen der Corona-Krise da viele Betriebe nur mit dieser Unterstützung eine Überlebensperspektive hätten.12

Dem vorsichtigen Optimismus zum Trotz hängt die weitere Entwicklung der deutschen Wirtschaft, sowie das Fortbestehen einzelner Unternehmen weiterhin vom Verlauf der Corona-Pandemie ab. Sollten erneut steigende Infektionszahlen nicht bedingen, dass Lockerungen wieder rückgängig gemacht werden, darf man davon ausgehen, dass die Branchen sich mit Inkrafttreten der Lockerungen langsam wieder erholen werden. Die Betonung bleibt für Branchen wie Gastronomie, Beherbergung und Tourismus jedoch auf langsam, denn zum einen bleiben deren Kapazitäten noch für absehbar längere Zeit deutlich unter 100% und es bleibt zudem abzuwarten, wie verständnisvoll Kunden auf die angeordneten Hygiene- und Schutzmaßnahmen reagieren oder ob sie sie überhaupt annehmen werden.

Für weitere Informationen lesen Sie auch den Bericht über allgemeine Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft.

Quellen

1 Auswärtiges Amt; Weltweite Reisewarnung für nicht notwendige, touristische Reisen  (zuletzt geprüft 20.05.2020)
2 ZDF Nachrichten; Grenzen öffnen - aber nicht für Urlauber (zuletzt geprüft 20.05.2020)
3 Ryanair; Ryanair to restore 40% of scheduled flights from 1 July (zuletzt geprüft 20.05.2020)
4 Lufthansa; Lufthansa Group baut Angebot mit Juni-Flugplan deutlich aus (zuletzt geprüft 20.05.2020)
5 Frankfurter Allgemeine Zeitung; Lufthansa plant deutlich mehr Flüge ab Juni (zuletzt geprüft 20.05.2020)
6 TUI Deutschland GmbH; Interview mit Fritz Joussen (TUI Group CEO) (zuletzt geprüft 20.05.2020)
7 TUI Deutschland GmbH; Aktuelle Reiseinformation: TUI Info Coronavirus (zuletzt geprüft 20.05.2020)
8 DTV Deutscher Tourismusverband; Länderverordnungen zum Verbot touristischer Vermietungen (zuletzt geprüft 20.05.2020)
9 Kompetenzzentrum Tourismus des Bundes; Recovery-Check #2: Binnentourismus erholt sich deutlich früher als der internationale Tourismus (zuletzt geprüft 20.05.2020)
10 Wirtschaftswoche; „Tourismus wird nach Corona nicht derselbe sein“ (zuletzt geprüft 20.05.2020)
11 DEHOGA Deutscher Hotel- und Gaststätten Bundesverband; Aktuelle Zahlen zu Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit - Corona-Schock im Gastgewerbe (zuletzt geprüft 20.05.2020)
12 DEHOGA Deutscher Hotel- und Gaststätten Bundesverband; DEHOGA begrüßt konkrete Öffnungstermine für Restaurants und Hotels (zuletzt geprüft 20.05.2020)

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